Offene Gräben als Teil des Kanalnetzes

Entwässerungsgräben als Teil der kommunalen Abwasseranlage

Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Dezember 2005 (Az. : 23 B 05.1745)

Der 23. Senat hatte über die Frage zu befinden, unter welchen Voraussetzungen ein seit längerer Zeit bestehender Entwässerungsgraben in das gemeindliche Abwassernetz einbezogen werden kann, so dass das Einleiten von Niederschlagswasser in diesen Graben beitragspflichtig ist. Die Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig.

Sachverhalt:

Die Klägerin besitzt ein Wohngrundstück in einem kleinen Ortsteil, an dessen Grenze ein im Zuge der Flurbereinigung vor vielen Jahren errichteter Entwässerungsgraben entlangläuft. Der Überlauf aus der Regenwasserzisterne der Klägerin fließt in diesen Graben ab. Die Gemeinde hat den Ortsteil in den Geltungsbereich der kommunalen Entwässerungssatzung einbezogen und ein Trennsystem errichtet: Das Schmutzwasser muss in einem neu errichteten Schmutzwasserkanal eingeleitet werden, das Niederschlagswasser ist in den erwähnten Graben einzuleiten. Technische Veränderungen an dem Graben hat die Gemeinde nicht vorgenommen. Sie hat während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens den Graben ausdrücklich als Bestandteil der öffentlichen Entwässerungsanlage gewidmet. Ebenso hat sie eine wasserrechtliche Erlaubnis zum Einleiten des gesammelten Niederschlagswassers in den Graben, welcher in ein Gewässer dritter Ordnung mündet, eingeholt.

Entscheidungsgründe:

  • Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kann jeder Graben zum Zweck der Ableitung von Niederschlagswasser in die öffentliche Entwässerungseinrichtung einbezogen werden, der geeignet ist, dass anfallende Regenwasser aufzunehmen. Der Graben muss dazu nicht technisch verändert werden.
  • Das Anschluss- und Benutzungsrecht nach der Entwässerungssatzung erstreckt sich auf das Einleiten von Regenwasser in offene Gräben, auch wenn die Entwässerungssatzung den Begriff des „Kanals“ oder „Regenwasserkanals“ verwendet. Entwässerungskanäle sind demnach alle künstlich hergestellten Wasserläufe, die Wasserüberschüsse aus bestimmten Gebieten ableiten.
  • Die Gemeinde kann einen offenen Graben als Regenwasserkanal durch einen ausdrücklichen Widmungsakt (Gemeinderatsbeschluss) in das öffentliche Entwässerungssystem einbeziehen. Im Einzelfall kann sich eine Widmung auch aus einer langjährigen zweckentsprechenden Nutzung des Grabens ergeben.

Der Verwaltungsgerichtshof gestattet den Gemeinden, auch vorhandene Entwässerungsgräben in das gemeindliche Entwässerungsnetz einzubeziehen. Ob diese Gräben hauptsächlich angelegt worden sind, um Feldwege oder landwirtschaftlich genutzte Flächen zu entwässern, spielt keine Rolle. Ausschlaggebend ist, dass der betreffende Graben geeignet ist, dass anfallende Niederschlagswasser aufzunehmen.