Verbandsmitwirkung

Einstweilige Anordnung zu Gunsten eines anerkannten Naturschutzvereins bei Eingriff in FFH-Gebiet ohne vorherige Verträglichkeitsprüfung

Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 2013 (Az. : 14 CE 13.290)

Sachverhalt:

Die Landeshauptstadt München plante, an den die Isar begleitenden Hangwäldern Maßnahmen zur Sicherung des Hanges vorzunehmen. Der betroffene Bereich liegt innerhalb einer städtischen Grünanlage und ist von öffentlichen Wegen durchzogen. Er befindet sich außerdem innerhalb des Natura 2000-Gebietes „Oberes Isartal“. Ein Naturschutzverband forderte, dass vor Beginn der Baumaßnahmen eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt wird. Die Stadt München lehnte dies ab.

Das Verwaltungsgericht München verpflichtete die Stadt, bis zum Vorliegen einer behördlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung die beabsichtigten Baumaßnahmen zu unterlassen, und für den Fall, dass gemäß der einzuholenden Verträglichkeitsprüfung eine Abweichungsentscheidung gemäß § 34 Abs. 3 - 5 BNatSchG erforderlich sein sollte, mit den Baumaßnahmen bis zur Nachholung der Beteiligung des Naturschutzvereins abzuwarten.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde der Landeshauptstadt München gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts zurück. Der Verwaltungsgerichtshof sah die Mitwirkungsrechte des Naturschutzverbandes gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG verletzt. Über ihren Wortlaut hinaus erfasse diese Vorschrift nicht nur Befreiungen, sondern auch Abweichungen im Sinne von § 34 Abs. 3 - 5 BNatSchG. Nur eine solche Auslegung entspreche dem Sinn und Zweck der Regelung. Um dem Naturschutzverband einen effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen, sei ein vorläufiger Stopp der Maßnahme geboten, bis die gesetzlich vorgeschriebene Verträglichkeitsprüfung und gegebenenfalls die Anhörung der Naturschutzverbände nachgeholt sei.