Gerüche und Geräusche aus Tierhaltungsanlagen

Tierställe können in der Umgebung zu Lärm-und/oder Geruchsbelästigungen führen. Problematisch sind insbesondere Schweineställe und Geflügelzuchtanlagen. Ob man sich als Nachbar mit Erfolg gegen den Bau und den Betrieb einer solchen Anlage werden kann, hängt von verschiedenen Umständen ab.

1. Nachbarschutz

Zunächst ist festzuhalten, dass man als Nachbar keinen Rechtsanspruch auf eine umfassende Rechtmäßigkeit einer Tierhaltungs-unter die Abgasanlage geltend machen kann. Im Baugenehmigungsverfahren beziehungsweise immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren kann man sich gegenüber der Genehmigungsbehörde neuer auf die Einhaltung so genannter nachbarschützender Vorschriften berufen. Im wesentlichen betrifft dies diejenigen Vorschriften, nach denen die Anlage auf dem benachbarten Grundstücken keine unzumutbaren schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufen dürfen (z.B. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Baugesetzbuch, § 15 Abs. 1 Satz 2 Baunutzungsverordnung, § 22 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz).

2. Schädliche Umwelteinwirkungen

Um beurteilen zu können, ob ein Grundstück durch schädliche Umwelteinwirkungen unzumutbar beeinträchtigt wird, bedient man sich bestimmter technischer Regelwerke und Richtlinien:

a) Gerüche

Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte ermitteln die von einer Tierhaltungsanlage ausgehenden Gerüche in der Regel nach den einschlägigen VDI-Richtlinien, z.B. VDI 3471 (Tierhaltung – Schweine).
Diese Richtlinie berücksichtigt u.a. den technischen Standard eines Stalles, die Art und Zahl der dort gehaltenen Tiere und die Lage in Bezug auf die Nachbarschaft (Hauptwindrichtung). Aus diesen Daten wird ein Abstand ermittelt, innerhalb der dessen Gerüche deutlich wahrnehmbar sind.
Ob die Geruchsbelastung im Einzelfall unzumutbar ist oder nicht, hängt auch davon ab, in welchem planungsrechtlichen Gebiet das betroffene Grundstück liegt und wie es genutzt wird (Wohnen, Gewerbe etc.).
Die Zivilgerichte legen bei der Frage, ob unzumutbare Geruchsbelästigungen vorliegen, z.T. auch die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) zugrunde. Die GIRL arbeitet nicht mit einer Abstandsregelung, sondern ermittelt anhand von EDV-basierten Ausbreitungsprognosen oder stichprobenartigen Geruchsmessungen die Anzahl der jährlichen Belastungsstunden. Ab einem gewissen Prozentsatz (ca. 10 – 15 %) gilt die Belastung als unzumutbar.
Weitgehend ungeklärt ist bislang die Beurteilung von schädlichen Keimen, die mit Geruchs- und Feinstaubpartikeln an die Umgebung abgegeben werden. Studien über langfristige Folgen derartiger Belastungen existieren bislang kaum.

b) Lärm

Für die Berechnung der Lärmbelastung einer Tierhaltungsanlage wenden die meisten Gerichte die Technische Anleitung Lärm unmittelbar oder entsprechend an. Dabei sind insbesondere die besondere Ton- und Informationshaltigkeit sowie Impulshaltigkeit der Geräusche zu berücksichtigen (z.B. Schreien von Ferkeln bei der Fütterung).
Auch hier orientiert man sich in Bezug auf die Frage der Zumutbarkeit der Geräuschbelastung an den Grenzwerten der TA Lärm, die je nach betroffenem Gebiet (Wohngebiet, Dorfgebiet, Mischgebiet) unterschiedlich hoch sind.

3. Rechtsschutz

Wenn eine Anlage neu gebaut wird, empfiehlt es sich gegen die Baugenehmigung Rechtsbehelfe einzulegen und gegebenenfalls einen vorläufigen Baustopp zu beantragen. Diese Streitigkeiten werden – mit der Genehmigungsbehörde als Gegner – vor den Verwaltungsgerichten ausgefochten. Der Bauherr wird zu dem Verfahren beigeladen.
Trotz einer bestandskräftigen Baugenehmigung kann man auch zivilrechtlich nach §§ 906, 1004 BGB unmittelbar gegen den Betreiber der Tierhaltungsanlage vorgehen. Die Zivilgerichte sind an die Feststellungen der Verwaltungsbehörde nicht gebunden. Da vor den Zivilgerichten meist mit Hilfe von Sachverständigengutachten der Sachverhalt aufgeklärt wird, besteht ein erhebliches Prozesskostenrisiko.