Umweltrechtsbehelfsgesetz

Das Umweltrechtsbehelfsgesetz setzt die EG-Richtlinie für die Beteiligung der Öffentlichkeit und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, welche wiederum auf der so genannten Aarhus-Konvention fußt, in nationales Recht um. Das Gesetz wurde zuletzt am 17. August 2017 an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs angepasst.

 

Welche Entscheidungen können angefochten werden?

 

UVP-pflichtige Vorhaben (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1)

Gegenstand eines Rechtsbehelfs können alle Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 UVP-Gesetz sein, für die nach dem UVP-Gesetz, der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder landesrechtlicher Vorschriften eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Es reicht somit aus, wenn das Vorhaben unter die Spalte 1 oder die Spalte 2 der Anlage zum UVP-Gesetz fällt.

 

Vorhaben nach der Industrie-Emissions-Richtlinie (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2)

Ein Rechtsbehelf kann auch eingelegt werden gegen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für Anlagen der Spalte c des Anhangs 1 zur 4. BImSchV, die mit dem Buchstaben „G“ gekennzeichnet sind (einschließlich der Neufestlegung von Grenzwerten gem. § 17 Abs. 1a BImSchG), und gegen wasserrechtliche Erlaubnisse nach § 8 Abs. 1 WHG, die mit einer Anlage nach der Industrieemissionsrichtlinie verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Abfalldeponien.

 

Pläne und Programme, die einer strategischen Umweltprüfung bedürfen (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4)

Zu den Entscheidungen, die angefochten werden können, gehören auch Pläne und Programme im Sinne der Anlage 5 zum UVP-Gesetz, z.B. Bebauungspläne, Raumordnungspläne oder bestimmte Fachpläne.

 

Sonstige Entscheidungen, die unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften ergehen (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 5)

Klagefähig sind auch sonstige Verwaltungsakte wie z.B. Baugenehmigungen, immissionsschutzrechtliche Genehmigungen etc.

 

Wer kann Rechtsbehelfe einlegen?

Widerspruchs- und klagebefugt sind alle anerkannten Umweltvereinigungen.

Voraussetzung für eine Anerkennung ist, dass sie mindestens 3 Jahre lang ideell und dauerhaft Ziele des Umweltschutzes verfolgt haben, Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bieten, gemeinnützige Zwecke verfolgen und jedermann eine Mitgliedschaft anbieten.

Die Umweltvereinigung muss geltend machen, in ihrem satzungsmäßigen Aufgabenbereich berührt zu sein. Maßgeblich ist insoweit die Reichweite des Anerkennungsbescheides nach UmweltRG oder BNatSchG.

Das Umweltrechtsbehelfsgesetz räumt aber auch Privatklägern zusätzliche Rechte ein, insbesondere die Möglichkeit, sich allein auf die Verletzung von Verfahrensvorschriften zu berufen. Diese Möglichkeit besteht aber nur, wenn ein Privatkläger die Hürde der Zulässigkeit seiner Klage überwinden kann. Dazu muss man geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein.

 

Wann ist der Rechtsbehelf erfolgreich?

Der Kläger kann die Verletzung von Verfahrensvorschriften und materiell-rechtlichen Vorschriften geltend machen.

 

Verfahrensvorschriften

Die Aufhebung einer angefochtenen Entscheidung kann verlangt werden, wenn

  • eine nach dem UVP-Gesetz erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche Vorprüfung weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
  • eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung gem. §§ 18 UVPG oder § 10 BImSchG weder durchgeführt oder nachgeholt worden ist, oder
  • wenn ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der nicht geheilt worden ist, nach seiner Art und Schwere mit den vorgenannten Fällen vergleichbar ist und der Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

Wurde eine UVP-Vorprüfung nicht nach den Maßstäben des § 7 Abs. 5 UVP-Gesetzes durchgeführt, kann eine Aufhebung der Entscheidung ebenfalls begehrt werden.

Eine Heilung von Verfahrensfehlern nach § 4 Abs. 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz ist jedoch möglich.

 

Sachbezogene (materiell-rechtliche) Vorschriften

(Materiell) rechtswidrig ist eine Entscheidung im Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes, wenn sie den anzuwendenden Rechtsvorschriften in den jeweiligen Fachgesetzen oder materiellen Vorschriften im Verwaltungs-verfahrensrecht, insbesondere dem Amtsermittlungsgrundsatzes oder der Pflicht zur fehlerfreien Ausübung des Ermessens widerspricht.

Ein Rechtsverstoß genügt jedoch in bestimmten Fallkonstellationen nicht für die Begründetheit eines Rechtsbehelfs. Im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a bis 6 oder deren Unterlassen muss der Rechtsverstoß eine umweltbezogene Rechtsvorschrift betreffen.

Zusätzlich muss bei Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 UmwRG eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 1 Nr. 1 UVPG bestehen.

 

Welche Risiken birgt das Umweltrechtsbehelfsgesetz?

Insbesondere Privatkläger müssen darauf achten, dass § 6 Umweltrechtsbehelfsgesetz eine Frist für die Klagebegründung von 10 Wochen ab Klageerhebung vorsieht. Diese Frist kann nur unter sehr engen Voraussetzungen verlängert werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist diese Frist vorrangig vor fachgesetzlichen Klagebegründungsfristen anzuwenden. Wer beispielsweise eine zulässige Klage gegen einen straßenrechtlichen Planfest-stellungsbeschluss erhebt, der ein UPV-pflichtiges Vorhaben betrifft, sollte dies Frist unbedingt im Auge haben